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Sommerakademie 2007 in Johanngeorgenstadt

Vom 20.8.2007 bis 29.8.2007 fand in Johanngeorgenstadt das Sommermala statt. Dabei fand in Klassen 10 bis 12 wie im letzten Herbst wieder Unterricht in selbstgewählten Kursen statt.

Lagerchronik

Gibt es geTeXt unter Lagerchronik.

Auswertung

Für den Kurs Automatetheorie gibt es verschiedene Materialien:

Des weiteren gibt es noch Regeln, Aufgaben (beide Gruppen) und Lösungshinweise für den Mathboj und die Auswertung der Nonsens-Olympiade.

Gruppenphotos

Themenbeschreibungen (ab Klasse 10)

1. Elliptische Kurven

Ein altes Problem der Mathematik ist die Lösung diophantischer Gleichungen. Dabei geht es darum alle ganzzahligen, oder rationalen Lösungen gegebener Gleichungen zu bestimmen. Bereits in der Antike wurde der Fall, in dem alle Unbekannten nur linear in der Gleichung vorkommen, vollständig untersucht. Anschaulich geht es hier um die Suche nach allen Punkten auf einer Geraden mit ganzzahligen bzw. rationalen Koordinaten. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden dann die quadratischen Kurven, d.h. die Kegelschnitte, untersucht. Man konnte recht einfache Verfahren angeben, um alle rationalen Punkte auf einem gegebenen Kegelschnitt zu finden.

In der Neuzeit betrachtet man nun kubischen Kurven, d.h. man sucht rationale Lösungen von kubischen Gleichungen in zwei Variablen x und y. Und mit diesen wollen wir uns beschäftigen. Zeichnet man sich die Kurven, die diese Gleichungen beschreiben einmal auf, so zeigt sich, dass eine Gerade die eine Kurve zweimal schneidet, sie auch ein drittes Mal schneidet. Mittels dieser Beziehung wird nun mit den rationalen Punkten auf der Kurve eine Gruppe erzeugt. Wie genau man auf diese Gruppe kommt und welche Eigenschaften sie hat, wird ein Schwerpunkt dieses Themas bilden.

Besondere Bedeutung erlangte dieses Themengebiet bei asymmetrischer Verschlüsselungsverfahren, denn deren Sicherheit beruht im Wesentlichen auf der Vorstellung, dass es "schwer" ist, große Zahlen zu faktorisieren. Mit dem Modell der elliptischen Kurven wird uns hier nun ein weiteres Werkzeug für einen Angriff auf diese Verfahren in die Hand gegeben.

Dieser Kurs setzt kein besonderes Vorwissen voraus, ihr solltet aber bereit sein euch auf abstrakte Rechnungen einzulassen.

2. Zufällige Irrfahrten

Man stelle sich folgendes vor: Ein Teilchen startet zur Zeit 0 auf der Höhe 0 und bewegt sich dann auf der Zeitachse fort, in dem es von Zeitpunkt n zu Zeitpunkt n+1 seine Höhe gleichwahrscheinlich entweder um 1 erhöht oder erniedrigt. Führt man n solche Zeitschritte durch, so versucht man nun (in Abhängigkeit von n), Aussagen über die Wahrscheinlichkeit von bestimmten vorgegeben Ereignissen zu treffen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Endhöhe kleiner 6 ist, dass sich das Teilchen nur in der positiven Teilebene bewegt, dass es genau 5 mal die Höhe 0 erreicht und wie kann man gute Näherungen für die gefundenen Terme angeben? Und was passiert, wenn n gegen unendlich geht?

Zuerst werden wir die grundlegenden Begriffe einführen, kurz das Bernoulli-Schema wiederholen und die verschiedenen Aufgabenstellungen erklären. Mit den uns dann gegebenen Mitteln versuchen wir dann, einige grundlegene Lemmata wie das Spiegelungsprinzip zu beweisen, um uns dann an die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten einiger obengenannter Ereignisse zu machen. Dabei werden wir dann einige Zusammenhänge zwischen scheinbar völlig verschiedenen Aufgabenstellungen finden, indem wir den Begriff des dualen Graphen einführen. Letztendlich kommen wir zu dem, was das ganze Thema so interessant macht: Einigen Anwendungen aus der "Glücksspieltheorie".

Nachdem wir das Thema im letzten Herbstmathelager als Vortrag vorstellten, könnt ihr es nun als Unterrichtsfach wählen. Als Voraussetzungen für das Thema braucht man eigentlich nicht mehr als das Bernoulli-Schema, Grundlagen aus der Kombinatorik und ein bisschen "Mut zum Rechnen". Natürlich werden wir die Bewegung auch am PC veranschaulichen, denn es überrascht schon, welch "verrückte" Richtungen die Teilchen teilweise einschlagen.

3. Die Geschichte der Mathematik

Die Widersprüche zwischen der Macht und der Exaktheit von Theorien

In der Mathematik gibt es einen relativ einfachen Grundsatz für die Herausbildung neuer Ideen: Man entwickelt eine Theorie, schaut, was man mit ihr erreichen kann und stößt bis an ihre Grenzen vor, um dann, wenn sie sich als fruchtbar erwiesen hat, ihr Fundament zu vervollständigen.

Dieses natürliche Konzept hat allerdings einen Haken: Was, wenn sich bei der Entwicklung des Fundaments auf einmal Probleme ergeben, die die durchgeführten Rechnungen falsch oder zumindest fragwürdig erscheinen lassen? Die einzige mögliche Antwort lautet: Wir müssen die Widersprüche lösen, sei es durch eine umfassendere, neue Theorie oder aber durch den Verlust oder die Korrektur einiger Ergebnisse.

In unserem Unterricht werden wir zurückblicken auf die Vergangenheit, in der es immer wieder zu derartigen Schwierigkeiten im Umgang mit der Mathematik kam: Wir werden uns mit dem Denken der Griechen beschäftigen -- vor allem ihren Ideen über das Wesen der Zahlen, mit Euklids erstem Versuch der Formalisierung unserer Wissenschaft und Zenos Paradoxien, der zum ersten Mal die Mathematik in ihren Grundmauern erschütterte. Im Nachfolgenden werden wir uns mit den Schwierigkeiten der Neuzeit auseinandersetzen. Besonderes Augenmerk werden wir auf die Begriffsbildung des Unendlichen und auf die Entstehung und Entwicklung der Mengenlehre als Fundament der Mathematik legen. Uns wird vor allem interessieren, wie selbst "gestandene" Mathematiker wie Euler im Umgang mit den Grundgerüsten spielten und sich verspielten. Am Ende steht die Frage: Wie kann man beides vereinbaren - das Voranbringen der Mathematik und ihre Verifizierung als exakt und widerspruchsfrei?

Voraussetzung gibt es im Prinzip keine. Ihr solltet nur ein gesundes Interesse am Wesen und der Geschichte der Mathematik mitbringen.

4. Berechenbarkeitsmodelle

Ein Pixelhaufen flitzt auf dem PC-Bildschirm herum und baut Autobahnen, Haie und Fische zoffen um das biologische Gleichgewicht, ein Fantasyheld springt in einen Fluss. Die Langton-Ameise, Wator, Adventure-Gaming sind lediglich unterschiedliche Automatenmodelle in einem größeren Kontext.

In diesem Kurs werden wir den gemeinsamen Nenner hinter diesen Modellen erkunden und uns mit verschiedenen Aspekten der zugrunde liegenden Theorie, der Berechenbarkeitstheorie beschäftigen. Wir werden herausfinden, dass Automaten viel können und noch mehr nicht können. Dazu werden wir einerseits klassische Automaten, wie die Turing-Maschinen betrachten und andererseits uns mit den ausgefalleneren Modellen, wie dem Quax-Automaten, beschäftigen, aber auch anschauliche Automaten wie zum Beispiel das Game of Life werden unseren Unterricht bevölkern.

Wir rechnen mit allem, auch mit dem schlimmsten. Voraussetzungen werden keine benötigt.

Nichtgewähltes Thema: Axiomatische Geometrie

Die Geometrie ist der älteste Teil der Mathematik, deren Entwicklung bereits in Babylon und Ägypten begann, um Landvermessungsprobleme u.ä. zu lösen. Unter den Griechen wurde sie zur abstrakten Wissenschaft weiterentwickelt, was einen abstrakten Aufbau erforderte. Das Wissen seiner Zeit verfasste Euklid in den "Elementen", in denen er die Geometrie auf 23 Definitionen und fünf Postulaten (den Axiomen) aufbaut.

Dies soll der Ausgangspunkt unseres Kurses sein. Anhand der ersten vier Postulate werden wir einige grundlegende Sätze beweisen und anschließend auf die moderne Axiomatisierung der Geometrie eingehen. Eine zentrale Rolle soll das fünfte Postulat (Parallelenpostulat) Euklids spielen. Dessen Formulierung ist wesentlich komplizierter, als die der anderen Postulate, auch wurde es von vielen als überflüssig angesehen, sodass lange Zeit versucht wurde, es aus den ersten vier herzuleiten. Die Versuche fanden jedoch ein jähes Ende, als die Entwicklung einer in sich konsistenten Geometrie gelang, in der das Parallelenpostulat nicht gilt.

Je nach Änderung dieses Postulates gelangt man entweder zur hyperbolischen oder zur elliptischen/sphärischen Geometrie. Diese beiden wollen wir genauer betrachten, uns Beziehungen und Formeln herleiten, um festzustellen, wie viel Spielraum es in der axiomatischen Geometrie trotz ihrer Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit noch gibt.

Voraussetzungen werden keine benötigt.